Alleinhaftung des Fahrgastes bei einem Sturz in der anfahrenden Straßenbahn

Stürzt ein Fahrgast in einer Straßenbahn, weil der Bodenbelag durch ein Sommergewitter nass war und er sich nicht ausreichend festgehalten hat, so kann das Verschulden des Fahrgastes gegenüber der Betriebsgefahr der Straßenbahn überwiegen.

Die Betriebsgefahr einer Straßenbahn kann insbesondere zurücktreten, wenn diese technisch auf dem neuesten Stand ist und mit akustischen und optischen Warnsignalen versehen ist, die ein Anfahren ankündigen und zudem eine Thyristor-Steuerung vorhanden ist, welche ein ruckarmes Anfahren ermöglicht.

Demgegenüber hat der Fahrgast die Pflicht, sich mit beiden Händen an den Haltevorrichtungen festzuhalten, insbesondere in den gefährlichen Phasen den Anfahrens und Abbremsens, sowie bei deutlich erkennbar gefährlichen Umständen, wie der Rutschigkeit des Bodenbelages. Ein Festhalten mit einer Hand ist dann nicht ausreichend.
Auch fällt eine Gepäckmitnahme durch den Fahrgast in seinen eigenen Risikobereich, wobei die Rechtsprechung davon ausgeht, dass Gepäckstücke stets abzustellen sind.

Es gereicht dem Fahrgast auch nicht zum Vorteil, wenn er sich verpflichtet sah, seinen Fahrschein am Fahrscheinautomaten zu entwerten und er sich deshalb keinen ausreichenden Halt verschaffen konnte. Mithin ist es dem Fahrgast zumutbar die Entwertung des Fahrscheins für die Phase des Anfahrens und Abbremsens kurzfristig zurück zu stellen.
 
Landgericht Dresden, Urteil LG Dresden 4 O 3263 09 vom 12.05.2010
Normen: BGB § 254 I; HaftpflG §§ 1, 4
[bns]
 

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